Web2.0-Betreiber, die schlaueren Drogendealer? – Ein satirischer Essay der Web2.0 – Webseiten mit der Drogenszene vergleicht.
Das Web2.0 ist Teil des modernen Internets und umfasst alle Webseiten, auf denen nicht mehr der Seitenbetreiber, sondern der Nutzer die Hauptinhalte schafft. Dazu gehören Weblogs, kurz Blogs, Wikis, soziale Communities und vieles mehr. Der Begriff Web2.0 wurde von vielen PR-Agenturen als Marketing-Schlagwort für das neue bessere Internet verwendet, doch bei genauerer Betrachtung fallen erschreckend viele Parallelen zu einer ganz anderen, dunklen Seite unserer Gesellschaft auf – der Drogenszene. Die Drogenszene wird von Drogendealern beherrscht, die die Abhängigen mit ?Stoff? versorgen. Es gibt kleine, mittlere und große Dealer, je nachdem wie viele Endverbraucher von ihnen abhängig sind. In ähnlicher Art und Weise versorgen Web2.0-Webseiten die Konsumenten mit Inhalten in Form von Text, Bild, Video oder Audio. Auch im Web2.0 gibt es alle Facetten von kleinen (z.B. Hobbyblogger) bis hin zu großen (z.B. Wikipedia) Informationsdealern. Im allgemeinen verwendet ein Web2.0 Nutzer einige wenige dieser Portale, von denen er allerdings im großen Stile abhängig ist. Drogensüchtige und Web2.0-Konsument haben dabei eines gemeinsam: Sie würden die eigene Abhängigkeit niemals zugeben. Besonders von der Abhängigkeit betroffen sind Jugendliche und junge Erwachsene, deren Bedarf an Informationen, sprich „Stoff“ enorm hoch ist. Doch welche gemeinsame Entstehungsgeschichte hat die Drogenszene und des Web2.0? Die kommerzielle Drogenszene entstand, als Menschen erkannten, dass es Stoffe gibt, von denen andere Menschen sowohl körperlich als auch geistig abhängig werden können. Preise für diese Stoffe können deshalb beliebige Größenordnungen annehmen. Verfolgen wir den Gedankengang ein wenig weiter: Angeblich entstand das Web2.0 aus dem Wunsch heraus, dass auch die Nutzer selber Inhalte einpflegen können, um ein höheres Mitspracherecht zu erhalten, doch ich glaube, dass der einzige Grund kommerzieller Natur ist. Inhalte, die die Nutzer selber einstellen, sind für den Seitenbetreiber kostenlos. Dadurch hat dieser mehr ?Stoff? in Form von Inhalten auf Lager, um die anderen Konsumenten zu beliefern. Web2.0 Betreiber sind also die schlaueren Dealer, weil Drogendealer den Stoff erst selbst erwerben müssen, und Web2.0 Betreiber diesen sogar kostenlos bekommen. Dadurch steigen die Gewinne natürlich enorm. Sowohl die Drogenszene als auch das Web2.0 haben in der Folgezeit die gesamte Gesellschaft durchdrungen. Web2.0-Inhalte enthalten neben Belanglosem auch sehr hochwertige Informationen, mir deren Hilfe Mitarbeiter von Unternehmen erfolgreicher arbeiten können. Der Konsum dieser Informationsdrogen erzeugt im Mitarbeiter Glücksgefühle, ähnlich denen, die durch echte Drogen ausgelöst werden, weil er durch den Konsum bessere Entscheidungen treffen und dadurch ggf. auf Beförderungen hoffen kann. Die Mitarbeiter sind also direkt abhängig von den Informationen des Web2.0. Diese Abhängigkeit wird besonders beim Nichtkonsum sichtbar: wie bei Drogensüchtigen entstehen auch bei den Mitarbeitern Entzugserscheinungen in Form von Mangel- oder Fehlinformationen, die umso stärker werden, je länger die benötigten Informationen nicht verfügbar sind. Im Extremfall könnte am Ende dieses Entzugs beim Unternehmen der Bankrott stehen, beim Drogensüchtigen wäre dies vergleichbar mit dem eigenen Untergang. Meinungs- und Meinungsäußerungsfreiheit gibt es sowohl im Web2.0 als auch in der Drogenszene. Wie viele Menschen erzählen die meisten Drogensüchtigen gerne und vor allem viel. Ebenfalls allgemein bekannt ist der in der Drogenszene herrschende raue Ton. Beschimpfungen, Beleidigungen und Drohungen sind an der Tagesordnung. Die inhaltliche und sprachliche Qualität bleibt dabei natürlich nicht selten auf der Strecke. Bei 90% der Web2.0-Auftritte verhält es sich ähnlich. Die Inhalte der meisten Blogs reichen von Erzählungen über das Leben der eigenen Lieblingskatze bis hin zu persönlichen Tagebüchern. Solche Informationen interessieren kaum jemanden bzw. niemanden. Die wenigen wirklich wichtigen Informationen werden oft von zahlreichen anderen Web2.0 Seiten übernommen. Dadurch kommt es schnell zum Stille-Post-Problem, bei dem bei jeder Informationsübernahme bestimmte Passagen vergessen oder ausgedachte hinzugefügt werden. Übernimmt ein Webmaster die Inhalte, die bereits ein anderer Webmaster übernommen hat, werden die Informationsfehler immer größer. All das schwächt den Informationsgehalt und die Glaubwürdigkeit. Beschimpfungen, Beleidigungen & Co sind zumeist in Foren zu finden, in denen Menschen, wenn ihnen die Argumente ausgehen, zum Straßenslang wechseln. Die Rechtschreibung bleibt dabei meist auf gleichbleibend niedrigem Niveau. Fazit: Sowohl in der Drogenszene als auch im Web2.0 gibt es einerseits viele, andererseits aber meist irrelevante oder falsche Informationen in absolut unterirdischer Qualität. Wie finanzieren sich die Drogenszene und das Web2.0? In der Drogenszene kauft der Dealer möglichst günstig ?Stoff?, ?streckt? diesen und verkauft im Ergebnis mehr Stoff schlechterer Qualität zu möglichst hohen Preisen weiter. Im Web2.0 beschafft sich der Seitenbetreiber möglichst günstig Informationen. Seine Nutzer schreiben die Inhalte (oft durch Kopieren, oder leichtes Modifizieren fremder Quellen (entspricht ?Strecken? bei Drogen). Danach wird versucht durch Werbeeinblendungen möglichst viel Geld aus jedem einzelnen Besucher zu ziehen. Genauso versuchen Drogendealer den möglichst größten Profit aus jedem einzelnen Abhängigen zu ziehen ? eine verblüffende Parallele! Aus dieser Geldgier resultiert das Aussehen vieler Web2.0 Seiten, die mehr an Litfaßsäulen erinnern, als an Informationsseiten. Die Wirtschaftlichkeit, mit der der Dealer arbeitet, hängt in hohem Maße vom Wissen über seine Kunden ab, denn bei guter Kenntnis über deren Verhalten kann er genau sagen, wie viel er von welcher Droge kaufen muss, um maximale Gewinne zu erzielen. Webseitenbesitzer im Web2.0 sind da ähnlich. Sie setzten Web-Analysetools , wie z.b. Google-Analytics ein, um das Verhalten ihrer User zu überwachen und dadurch die optimalen Werbeeinblendungen verwenden zu können. Manche Web2.0-Dienste gehen noch dreister vor: Speziell Sozial Communities fragen Ihre Nutzer explizit nach ihren Vorlieben, und erschreckenderweise beantworten die meisten diese persönlichen Fragen auch noch ohne Nachzudenken. Wieder zeigt sich, dass das Web2.0 die intelligente Form des modernen Drogenhandels ist. Ähnliche Parallelen sind bei der Geldbeschaffung zu finden. Weil Drogen teuer sind, müssen viele Drogenabhängige das notwendige Geld durch illegale Aktionen, wie z.B. Diebstahl, besorgen. Im Web2.0 gibt es diese Beschaffungskriminalität auch. Es wird zwar nichts Materielles gestohlen, allerdings ist auch das Kopieren fremden Wissens ein Verstoß gegen das Urheberrecht und damit in gewissem Sinne kriminell. Allgemein wird sowohl in der Drogenszene als auch im Web2.0 leider nur wenig Wert auf die Einhaltung von Gesetzen gelegt. Ich glaube, dass das Web2.0 etliche Eigenschaften der Drogenszene aufgegriffen hat und in abgewandelter Form intelligent einsetzt, um maximale Gewinne zu erzielen. Das eigentliche Gut, die Information, verliert dabei leider immer mehr an Qualität, und die Geldquelle in Form von Werbung auf den Seiten nimmt dabei leider immer mehr Überhand. Viel Handlungsbedarf für die Zukunft!